Beiträge
Max Plassmann (Universitätsarchiv Düsseldorf): Rezension zu Sven Spieker (Hg.): Bürokratische Leidenschaften. Kultur- und Mediengeschichte im Archiv. Berlin 2004
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Ragna Boden, Christine Mayr, Christoph Schmidt und Thomas Schwabach (Landesarchiv NRW, Staatsarchiv Detmold): Tagungsbericht zum DFG-Workshop "Die Geschichtswissenschaft und die Archive" am 5. Oktober 2004 in Münster
Axel Koppetsch (Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf): Archivisches Teufelswerk oder Beitrag zu spartenübergreifender Kooperation? Anmerkungen zur alten Debatte um die Überlassung staatlicher, vom zuständigen Archiv nicht übernommener Unterlagen an kommunale Archive
Eine Überlassung von Unterlagen staatlicher Behörden an andere Archive ist von den Staatsarchiven bislang weitgehend abgelehnt worden. Koppetsch unterzieht in seinem Beitrag die Argumente, auf die sich die Staatsarchive in ihrer ablehnenden Haltung bislang gestützt haben, einer kritischen Analyse und kommt zu dem Ergebnis, dass bei genauerer Betrachtung viele der vorgebrachten Ablehnungsgründe nicht tragkräftig sind. Vor diesem Hintergrund spricht sich Koppetsch dafür aus, die "pauschale Verweigerung" von Überlassungen auf staatlicher Seite aufzugeben und statt dessen künftig in eine Prüfung der Bedingungen einzutreten, unter denen Überlassungen fachlich vertretbar sind.
Zu diesem Beitrag: Stellungnahme von Clemens Rehm (Generallandesarchiv Karlsruhe) und Jürgen Treffeisen (Landesarchivdirektion Baden-Württemberg)
Dazu: Replik von Axel Koppetsch
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Julia Lederle (Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf): Rezension zu Katharina Tiemann (Hg.): Archivischer Umgang mit Personalakten. Münster 2004
Zu diesem Beitrag von Julia Lederle: Stellungnahme von Matthias Buchholz (Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur):
Mit großem Interesse habe ich die Rezension von Frau Lederle gelesen. Zu meinem Bedauern mußte ich feststellen, daß wieder einmal recht leichtfertig mit dem Begriff der Repräsentativität umgegangen wurde. Auch wenn dieses Vorgehen zu einer verständlichen archivarischen Gewissensberuhigung beiträgt, gibt es doch klare Kriterien für die Ziehung repräsentativer Stichproben. Leider war auch auf dem Internationalen Archivtag in Wien festzustellen, daß es diesbezüglich große Mißverständnisse gibt. Insofern ist der hier von mir angemerkte Mangel zwar eher nicht die Ausnahme, aber das macht es mit Sicherheit nicht erfreulicher...
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Max Plassmann (Universitätsarchiv Düsseldorf): Rezension zu Norbert Reimann (Hg.): Praktische Archivkunde. Ein Leitfaden für Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv. Münster 2004
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Ingo Rösler (Potsdam): Zur Erkenntnistheorie archivischer Überlieferungsbildung in Deutschland. Ansichten eines Archivars der ehemaligen DDR
Aufbauend auf einer theoriegeschichtlichen Rekonstruktion der Bewertungsdiskussion in den beiden deutschen Staaten, plädiert der Beitrag für ein erkenntnistheoretisches Neuverständnis der Überlieferungsbildung. Während die traditionelle Auffassung noch immer von subjektiven Vorstellungen des deutschen Historismus beherrscht wird, treten die in dem Beitrag dargelegten Ansichten aus materialistischer Sicht, also von der objektiven Realität ausgehend, für die Anerkennung praxisorientierter Erkenntnisgrundlagen ein. Ohne Rückgriff auf die in der DDR mit der Ideologie des Marxismus-Leninismus verbundene und gescheiterte Gesellschaftslehre, ohne Verharren aber auch in einem nur interpretativen, zwangsläufig zur wissenschaftlichen Entfremdung führenden Realitätsverständnis, gilt es nach Ansicht des Verfassers, "Ordnung" und "Bewertung" als zentrale Bereiche der Überlieferungsbildung mit dem objektiven Gesellschaftsprozess in Übereinstimmung zu bringen. Das scheitert derzeit daran, dass die Geschichte nicht als objektiver Prozess anerkannt wird. Hierauf beruhen die Widersprüche, die in den beiden ehemaligen deutschen Staaten bestanden haben und sich in der heutigen Bundesrepublik noch fortsetzen. Ihre Überwindung scheint nur über einen erkenntnistheoretischen Paradigmenwechsel in den zugrundeliegenden philosophischen Prämissen, durch ein objektiv-empirisches Herangehen möglich. Von fundamentaler Bedeutung erweist sich, dass die derzeitige archivwissenschaftliche Lehre davon ausgeht, dass Geschichte kein objektiver, sondern ein aus Sicht der jeweiligen Gegenwart immer wieder in Frage zu stellender, also subjektiver Prozess sei. Die Aufgabe der Geschichtswissenschaft, das rezente Geschichtsbild mangels erkennbarer Zielstellung der Geschichte anhand der Realität zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, ist jedoch nicht das Problem des Archivars. Subjektives Geschichtsverständnis setzt objektive (und objektivierte) Geschichte voraus. Daher hat der Archivar von der dokumentarischen Widerspiegelung der "Geschichte" als (objektivem) "Geschehen" auszugehen.
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Nicolas Rügge (Niedersächsisches Staatsarchiv Osnabrück): Rezension zu Matthias Buchholz: Überlieferungsbildung bei massenhaft gleichförmigen Einzelfallakten im Spannungsverhältnis von Bewertungsdiskussion, Repräsentativität und Nutzungsperspektive. Eine Fallstudie am Beispiel von Sozialhilfeakten der oberbergischen Gemeinde Lindlar. Köln 2001
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Jürgen Treffeisen (Landesarchivdirektion Baden-Württemberg): Archivübergreifende Überlieferungsbildung in Deutschland - Die vertikale und horizontale Bewertung
Seit Mitte der 1990er Jahre wurde in Deutschland, aufbauend auf einer über 100 Jahre langen Bewertungsdiskussion, die sogenannte vertikale und horizontale Bewertung entwickelt und erprobt. Hierbei werden zunächst die Aufgaben, Funktionen und Kompetenzen der zu bewertenden Dienststellen analysiert. Erst nachdem mit dieser Methode Mehrfachüberlieferungen ausgeschlossen sowie die aussagekräftigsten Unterlagen ermittelt wurden, erfolgt die inhaltliche Bewertung. Es werden aktuelle Aufgaben und Funktionen einzelner Verwaltungszweige verschiedener Träger (Bund, Länder, Landkreise, Kommunen) bewertet und nicht bereits abgeschlossene Unterlagen. Die Archive und die Unterlagen produzierenden Dienststellen erhalten somit bereits jetzt schriftlich fixierte Bewertungsentscheidungen von erst künftig dem Archiv anzubietenden Unterlagen. An dem Bewertungsverfahren sind Archivare verschiedener Träger beteiligt. Die dabei gemachten Erfahrungen haben die vertikale und horizontale Bewertung kontinuierlich weiterentwickelt. Es ist ein Bewertungsverfahren, das in einem steten Abgleich zwischen Theorie und Praxis entwickelt und fortgeführt wird.
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Axel Koppetsch (NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf): Rezension zu Siegfried Büttner, Robert Kretzschmar und Rainer Stahlschmidt: Der archivische Umgang mit großen Fallaktenserien. Marburg 2001 (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Institut für Archivwissenschaft 34)
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Bärbel Thau (Evangelisches Johanneswerk e.V., Bielefeld): Rezension zum Themenheft "Überlieferungsbildung und Bewertung" der "Schweizerischen Zeitschrift für Geschichte" (2001)
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Andreas Pilger (Staatsarchiv Marburg/Archivschule Marburg): Rezension zu Wolfgang Ernst: Das Rumoren der Archive. Berlin 2002.
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Clemens Rehm (Generallandesarchiv Karlsruhe): "Kundenorientierung" - Modewort oder Wesensmerkmal der Archive? Anmerkungen zur Transparenz und Partizipation bei archivischen Bewertungen
Abstract (in Anlehnung an einen Bericht des AHF über den Südwestdeutschen Archivtag in Schaffhausen, Mai 2001): Rehm geht zunächst der Frage nach, ob der Begriff "Kundenorientierung" überhaupt auf das Archivwesen übertragbar ist. Da die Bandbreite der Wünsche, die die unterschiedlichen "Kunden" an die Archive habe können, sehr groß und heterogen ist, birgt eine zu starke Orientierung darauf die Gefahr in sich, dass fachliche Notwendigkeiten den wechselnden Moden des Zeitgeistes untergeordnet werden. Die Folge wäre eine permanente Produktveränderung, z. B. dadurch, dass Bestände nur noch im Hinblick auf anstehende Jubiläen oder aktuelle wissenschaftliche Themenstellungen erschlossen werden. In einem zweiten Schritt versucht Rehm darzulegen, was eigentlich der gesetzliche Auftrag der Archive ist: nämlich die Bewahrung und Bereitstellung von Akten, in denen Regierungshandeln dokumentiert wird, zur nachträglichen demokratischen Kontrolle der Vorgänge und darüber hinaus für vielfältige andere Nutzungen. Bisher haben die Archive allein die Form des kollektiven Gedächtnisses der Verwaltungseinheit bestimmt, für die sie jeweils zuständig sind. Angesichts einer immer komplexer werdenden Überlieferung stoßen die Archivare und Archivarinnen nun aber an die Grenzen ihrer Kompetenz. Deshalb muß künftig die Transparenz der archivischen Bewertungsentscheidung größer werden. Dafür entwickelt Rehm sehr konkrete Vorschläge: Seiner Meinung nach ist es sehr problematisch, dass die Bevölkerung, also der Souverän unseres Staates, überhaupt nicht in die Überlieferungsbildung mit einbezogen wird. Natürlich muß die letzte Entscheidungskompetenz bei den Archiven bleiben, doch im Vorfeld ist eine stärkere Partizipation verschiedener gesellschaftlicher Gruppen durchaus vorstellbar. Vorbilder dafür könnten die bereits in anderen Bereichen praktizierten Verwaltungsanhörungen sein. Danach wären nach der Erstellung von Bewertungsmodellen durch die Archive in enger Zusammenarbeit mit der aussondernden Behörde die betroffenen Berufsverbände (also z. B. Juristen, wenn es um Gerichtsakten geht) und die Historikerverbände hinzuzuziehen und nach ihrer Meinung zu befragen. Die Vorteile für die Archive liegen bei einem solchen Verfahren deutlich auf der Hand: Zum einen kann spezielles Fachwissen berücksichtigt werden, über das die Archivare und Archivarinnen nicht selbst verfügen; zum anderen würden die Archive und die von ihnen geleistete Arbeit durch diesen gesellschaftlichen Diskurs von der Öffentlichkeit viel stärker wahrgenommen werden als das bisher der Fall ist.
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Jürgen Treffeisen (Landesarchivdirektion Baden-Württemberg): Erste Überlegungen zum Sinn (und Unsinn) von Dokumentationsprofilen angeregt durch die Analyse von Prozessakten der Gerichtsbarkeit
Die Diskussion zu Fragen der Bewertung hat sich erfreulicherweise in den vergangenen Jahren versachlicht. Um diesen Prozess eines fruchtbaren Austausches von Archivpraktikern mit fundiertem theoretischen Hintergrund gewinnbringend fortzusetzen, dient sicherlich auch das forum-bewertung ebenso die vom VdA neu ins Leben gerufene AG zur Bewertung. Der nachfolgende Beitrag ist ein Auszug aus meinem jüngsten Aufsatz "Perspektiven der archivübergreifenden Überlieferungsbildung in Baden-Württemberg", der im Rahmen der VdA Tagung der staatlichen Archivare am 20. März 2001 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart vorgetragen wurde. Die Anmerkungen habe ich für diesen Auszug entfernt. Der Aufwand, diese an die kurze Fassung anzupassen, war mir einfach zu groß. Sie sind in der gedruckten, ausführlichen Fassung nachzulesen. Der vorliegende Beitrag ist, wie alle meine Äußerungen, der Versuch eines sinnvollen Beitrags eines Archivpraktikers zur Weiterentwicklung der Bewertungstheorie und -praxis in Deutschland. Er ist, um die Diskussion voranzutreiben, durchaus provokativ formuliert. Die hier vorgetragenen Thesen sind vielleicht "unzutreffend", dies wird die weitere Diskussion zeigen. Sie sind aber nicht "selbstgefällig" formuliert. Der Beitrag ist vor dem Hintergrund der von mir geforderten und auch praktizierten "Transparenz der Bewertungsentscheidungen" zu sehen. Ich freue mich über jede konstruktive Kritik und arbeite diese in meine künftigen Überlegungen zu Bewertungsfragen ein.
Zu diesem Beitrag von Jürgen Treffeisen: Stellungnahme von Rudolf Kahlfeld (Rheinisches Archiv- und Museumsamt)
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Max Plassmann (Universitätsarchiv Düsseldorf): Bewertungskriterien für Sachakten
Abstract: Ausgehend von der Situation am Universitätsarchiv Düsseldorf, entwickelt das Schema ein Prüfverfahren für die Archivwürdigkeit von Sachakten (insbesondere aus der Universitätsverwaltung).
Zu diesem Beitrag von Max Plassmann: Stellungnahme von Rudolf Kahlfeld (Rheinisches Archiv- und Museumsamt)
Replik dazu von Axel Koppetsch (NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf)
Erneute Replik von Rudolf Kahlfeld
Erneute Replik von Axel Koppetsch
Erneute Replik von Rudolf Kahlfeld
Stellungnahme von Barbara Limberg (Bundesarchiv)
Stellungnahme von Rudolf Kahlfeld
Replik dazu von Max Plassmann
Weitere Replik dazu von Barbara Limberg
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Anfragen
Kathrin Pilger (Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf): Bewertung von Personalakten
Im Rahmen der Erarbeitung eines Überlieferungsmodells für die Unterlagen der nordrhein-westfälischen Polizei erwies sich die Bewertung der Personalakten als besonders schwierig: In Nordrhein-Westfalen arbeiten zur Zeit etwa 40.000 Polizisten; über jeden von ihnen wird eine Personalakte geführt. Schon angesichts dieser großen Zahl ist eine rigide Auswahl nötig. Dabei muss allerdings der Tatsache Rechnung getragen werden, dass gerade Personalakten von Polizeibeamten von den Benutzern in starkem Maße nachgefragt und ausgewertet werden. Der Prozess des Abwägens war deshalb nicht leicht, zumal Personalakten historisch durchaus unterschiedliche Gestalt angenommen haben. Denkt man z.B. an die NS-Zeit, so findet man hier eine Reihe von Akten, in denen vor dem Hintergrund eines dem Anspruch nach totalitären Verwaltungsstaates Privates und Dienstliches aufs Engste vermengt ist und die gerade damit der Forschung interessante Aufschlüsse über den sozialen Hintergrund und seine vielleicht prägende Kraft für das Selbstverständnis der Aufgabenerfüllung des Polizeibeamten geben können. Derartige Informationen finden sich in der Regel in modernen Personalakten der Polizei nicht mehr. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die fortschreitende Bürokratisierung und Formalisierung der Personalaktenführung, wie sie sich in Nordrhein-Westfalen insbesondere seit der ersten Nachkriegspersonalaktenordnung von 1946 beobachten lässt. In der Personalakte des 'durchschnittlichen' Polizeibeamten finden sich heute neben persönlichen Urkunden, Schul- und Ausbildungszeugnissen an qualitativ aussagekräftigen Unterlagen vor allem Bescheinigungen über die Teilnahme an Lehrgängen und dienstliche Beurteilungen. Diese Bescheinigungen und Beurteilungen sind jedoch meist sehr knapp und stereotyp gehalten (z.B. wird 1971 ein Polizeihauptkommissar aus NRW als "aufgeschlossen und selbständig in seiner Denkungsart", als körperlich "widerstandsfähig, zäh und belastbar", als charakterlich "gewissenhaft, aufrichtig und gründlich" beschrieben). In Zeiten knapper werdender Ressourcen stellt sich daher die Frage, unter welchen Bedingungen solche Personalakten mit mehr oder weniger stark standardisierten bzw. typisierten Informationen überhaupt noch archivwürdig sein können. Abgesehen von den höheren Dienstgraden, deren Akten in den Personalbewertungsmodellen der meisten Bundesländer (so auch in Nordrhein-Westfalen) aufgrund ihrer einflussreicheren Stellung innerhalb der Behördenhierarchie vorrangig als archivwürdig klassifiziert werden, ist in letzter Zeit verschiedentlich die Idee geäußert worden, anstelle der bisher dominierenden Sample-Bildung bei den Personalakten der nachgeordneten Dienstgrade aus den Akten die meist vorgehefteten Personalbögen herauszulösen und diese anstelle der gesamten Akte zu archivieren (dieser Gedanke wurde auch im Arbeitskreis 'Archivische Bewertung' im VdA diskutiert, siehe das Protokoll der 3. Sitzung vom 15. Oktober 2002, TOP 2, Nr.6). Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Möglichkeit einer Reduzierung der Übernahmequote von Personalakten bei gleichzeitigem Erhalt von Basisdaten, denn auch die Personalbögen liefern in relativer Verdichtung noch immer eine Fülle von Angaben zur Person und ihrem beruflichen Werdegang, die für die Forschung - insbesondere für eine quantitativ ausgerichtete Sozialgeschichtsforschung von Interesse sein könnten. Durch die Beschränkung der Archivierung auf die Personalbögen könnten gerade im Falle bestimmter Großverwaltungen (wie der Polizei) viele Einzelinformationen erhalten bleiben, die ansonsten durch das Raster einer notwendigerweise strikten Auswahl von Personalakten fallen würden.
Meine Frage: Wie sehen Kollegen die Archivwürdigkeit von Personalbögen? Was spricht dafür, was dagegen? Gibt es bereits Erfahrungen mit der Archivierung von Personalbögen?
Zu dieser Anfrage von Kathrin Pilger: Stellungnahme von Thomas Wolf (Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein):
Als ergänzende Frage sei
hier in die Diskussion eingebracht: Wurden regionale Fragen bei der Bewertung
der Personalakten aus staatlicher Sicht berücksichtigt (Stichwort: vertikale
Bewertung)? Dass aus staatlicher Sicht die Übernahme der Personalbögen
diskutiert wird, ist angesichts der Masse verständlich. Ketzerisch mag man
fragen, warum überhaupt noch die Personalbögen, denn die dort erfassten
standarisierten Informationen könnten man ebenso gut edv-mäßig
erfassen.
Stellungnahme von Clemens Rehm (Generallandesarchiv Karlsruhe):
Eine markantes Votum für die Übernahme von Personalbögen -
und künftig von Grunddaten - findet sich von Clemens Rehm und Jürgen Treffeisen in "Perspektiven
der Personalaktenbewertung - Zwischen Samplebildung und Totalüberlieferung", in: Archivischer Umgang mit Personalakten, hg. v. Katharina Tiemann, Münster 2004, S.34-51,
mit einer ausführlichen Begründung, die sich sowohl auf die Nutzung als auch die Qualität von Personalakten bezieht.
Auf
der diesem Textband zugrundeliegenden Tagung im März 2003 wurde von mir für dieses Verfahren in der Diskussion
der Begriff der "Grundsicherung" verwendet und fand dort Zustimmung. Angesichts starker - und weiter zunehmender -
personengeschichtlicher Fragestellungen zu vermeintlich auch "unwichtigen" Personen einerseits und
der geringen Aussagekraft der kompletten Personalakte andererseits ist die Überlieferuntg von Datengerüsten
in der Art einer "Grundsicherung" archivisch sinnvoll (und wirtschaftlich).
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Axel Koppetsch (NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf): Bewertung von Zwischenarchivgut, das bereits wissenschaftlich genutzt wurde
Zwischenarchivgut unterliegt, jedenfalls nach dem NRW-Archivgesetz, denselben Nutzungsbedingungen durch Dritte wie Archivgut, so daß es im hiesigen Ministerialarchiv gelegentlich vorkommt, daß noch nicht verzeichnete, aber durch Ablieferungslisten in etwa erschlossene Akten (inner- und außerhalb der 30jährigen Sperrfrist) benutzt und wohl auch als Quellen zitiert werden.
Die Frage ist nun:
a) Kann/soll/darf/muß der/die Archivar/in bei der Bewertung solcher Akten eine bereits erfolgte Nutzung ignorieren und nach pflichtgemäßer Einschätzung bei Vorliegen entsprechender Gründe (z.B. Doppelüberlieferung) zur Kassation schreiten oder
b) ist eine (einmalige) Benutzung als hinreichender Beleg für ein Interesse "der" Forschung zu werten und also die Bewertung als "archivwürdig" in jedem Fall präjudiziert?
Für a) sprechen zum einen die den ArchivarInnen gesetzlich verbriefte alleinige Bewertungskompetenz, zum anderen Fälle, in denen versprengte, aus ganz anderen Provenienzzusammenhängen als Vervielfältigungen in die betreffende Akte gelangte oder gar gedruckte Erlasse etc. zitiert werden, für b) das (dem/der Benutzer/in allerdings regelmäßig in derlei Fällen vor Augen geführte) Risiko, daß Quellennachweise bei der Bewertung vernichtet werden könnten.
Zu dieser Anfrage von Axel Koppetsch: Stellungnahme von Anselm Faust (NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf)
Stellungnahme von Barbara Limberg (Bundesarchiv)
Stellungnahme von Matthias Manke (Landeshauptarchiv Schwerin)
Replik zur Stellungnahme von Anselm Faust von Paul Hoffmann (NRW Hauptstaatsarchiv Düsseldorf)
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Max Plassmann (Universitätsarchiv Düsseldorf): Das Problem undifferenzierter Schriftgutverwaltung: Die Serie A-Z
Sowohl in Nachlässen als auch im Bereich der
Universitäts-Verwaltung stößt man immer wieder auf Serien von Aktenordnern mit
den Aufschriften "Korrespondenz A-Z", "Allgemeines A-Z", "Einladungen A-Z" usw.
Oft sind diese Serien jahrgangsweise angelegt worden, bisweilen finden sich aber
auch längere Laufzeiten.
Diese Serien sind eine Folge des Fehlens von
Registraturen, gepaart mit einem Desinteresse an einer Vorgangsbildung. Oft
reicht diese Form der Schriftgutverwaltung tatsächlich dazu aus, den Überblick
so lange zu bewahren, wie man ihn benötigt, während auf ältere Jahrgänge nicht
mehr zurückgegriffen wird. Letztlich ist die Bildung solcher Serien also
kostengünstiger als eine Differenzierung von Vorgängen, die ja wenigstens einen
rudimentären Aktenplan voraussetzen würde. Die Probleme beginnen erst im
Archiv.
Die Verfahren zur Bewertung von Schriftgut, wie sie seit längerem von
der Archivwissenschaft diskutiert werden, setzen Sachakten voraus, die zur
Erledigung einer bestimmten Aufgabe gebildet wurden. Ist diese archivwürdig,
kann die ganze Akte oder der ganze Vorgang archiviert werden. Schriftgutserien
A-Z vermischen jedoch die Vorgänge.
Sollte man also nachträglich Vorgänge
bilden, um dann diese zu bewerten ohne Rücksicht auf die vorgefundene Struktur?
Mit welchem Aufwand hätte man dabei zu rechnen? Sollte man die Serien als Ganze
bewerten, also entweder vollständig aufbewahren oder vollständig kassieren?
Sollte man zur Einzelblattkassation schreiten? Es ist wohl in den seltensten
Fällen sinnvoll, aus Korrespondenzserien Stichproben zu ziehen? Mit einer
Buchstabenauswahl wird man auch nicht weiterkommen? Welche Lösungsansätze zur
Bewertung solcher Serien gibt es?
Zu dieser Anfrage von Max Plassmann: Stellungnahme von Rudolf Kahlfeld (Rheinisches Archiv- und Museumsamt)
Stellungnahme von Werner Lengger (Universitätsarchiv Augsburg)
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