Max Plassmann: Stellungnahme zur Anfrage von Christiane Giffei (Bewertung von Papern)
Das Problem von Frau Giffei unterscheidet sich zwar grundsätzlich von der archivischen Bewertung (geht es bei ihr doch um den kurz- und mittelfristigen Nutzen für ein Unternehmen; überdies handelt es sich um Bibliotheksgut), aber interessanterweise kommt sie zu einer ähnlichen Lösung, wie sie im archivischen Bereich zum Teil bei der Bewertung von Massenakten (Herausfiltern der besonderen Fälle) praktiziert wird: zur Bewertung durch den Benutzer bzw. Sachbearbeiter im Zuge der Bearbeitung, nicht aber durch den Dokumentar oder Archivar, der später nur noch für die Bereitstellung der Information zu sorgen hat. Insoweit ist der Lösungsansatz von Frau Giffei auch aus archivischer Sicht durchaus tragfähig, wenn auch hier eine Skala von 1 bis 6 nicht in Frage kommt: Unterlagen sind entweder archivwürdig oder nicht.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Paper von den Benutzern bewertet werden, die sie auch später wieder benutzen wollen und die Nützlichkeit dafür feststellen. Im archivischen Bereich wurde dies zwar durchaus in Ansätzen diskutiert (Nachbewertung nach Benutzungshäufigkeit), aber es ist auf keinen Fall praktikabel. Auf der anderen Seite ist es auch fraglich, ob die Sachbearbeiter, die keine Ahnung von archivischer Bewertung und historischer Forschung haben, Bewertungsentscheidungen von der gewünschten Qualität fällen können. Insofern ist die Einbeziehung von Benutzern in den Prozeß der archivischen Bewertung zumindest zu bedenken. Die Vergabe von Noten 1-6 für einzelne Akten durch Historiker kommt sicher nicht in Frage, sehr wohl aber ihre Konsultation bei der Festlegung der Bewertungsgrundsätze. Darüber hinaus ist der Fall gar nicht so selten, dass Historiker, Chronisten und Festschriftverfasser noch in den Behörden Zugang zu den Registraturen erhalten. Auf deren Wissen sollten die Archive in jedem Fall zurückgreifen.